Die Nose-to-Tail-Steaks und das BARF
Als ich mit dem Thema der ganzheitlichen Verwertung der Nutztiere begonnen habe, standen vor allem Innereien im Fokus. Heute richtet sich mein Blick auch auf Fleisch. Herr und Frau Schweizer essen gerade mal noch die Rückenpartie und ein bisschen Hackfleisch. Ragout, ein Bratenstück oder Siedfleisch? Unter der Woche?? Keine Zeit! Das finde ich zwar sehr schade, aber vielleicht ist das der Zahn der Zeit. Man möchte kurzbraten und grillieren. Ich finde, wir sollten unser Wissen über die Zubereitung und die Schnitte von Fleisch überdenken.
Diese Woche endete ich wieder einmal im Streit mit einem Metzger, der mir partout gewisse amerikanische Steaks nicht zum Kurzbraten überlassen wollte. Wenn schon, gehörten sie geschmort. Ich glaube, jeder amerikanische Grillör würde sich bei so einer Aussage kugeln vor lachen.
Ich bin ein Problemkunde.
Metzger sehen mich nicht gerne. Ich stelle viele Fragen und bin unbequem. Viele Metzger wollen verkaufen, was sie immer verkauft haben: Nierstück, Hackfleisch, Ragout, Braten und vielleicht noch ein bisschen Leberli.
Das Erlernen neuer Cuts und Zubereitungsmethoden erfordert Zeit und Geld. Warum also? Im Moment hat die Branche ein neues Absatzfeld für sich entdeckt: BARF – Rohfleisch für Haustiere. Damit verdienen sie gutes Geld, denn für unseren vierbeinigen Liebling sind wir Menschen bereit, tief in die Tasche zu greifen.
BARF
Barf ist eine Ernährungsform für Haustiere, die vorrangig für Hunde entwickelt wurde. Sie orientiert sich an den Fressgewohnheiten von Wölfen. Die Hunde werden primär mit rohem Fleisch gefüttert, das mit Gemüse und Getreide ergänzt werden kann. Auch Katzen können nach Barf gefüttert werden (Quelle: Wikipedia).
Nun bin ich selbst eine grosse Hundeliebhaberin. Aber es erscheint mir paradox: Wir züchten und schlachten Rinder, Schweine oder Schafe, nur um dann den „Grossteil“ ihres Fleischs an unseren Bello oder Büsi zu verfüttern?
Vielleicht müssen Aussenstehende wie ich am heutigen System rütteln und alles in Frage stellen.
Auch wenn ich mich wiederhole, möchte ich noch einmal über das Zwerchfell schreiben, das besonderes gerne an Haustiere verfüttert wird. Das Zwerchfell gibt es, anders als andere Steaks, gerade einmal pro Tier. Somit ist dieses Stück eine seltene Spezialität und viel rarer als Filet oder Entrecôte.
Das Zwerchfell vom Rind
Dieser Muskel trennt Brust und Bauchhöhle voneinander. In der Schweiz zählt es zu den Innereien, weil es mit dem Geschlinge aus dem Bauchraum gezogen wird. Es endet im besten Fall in der Wurst, meistens aber als Tierfutter. Aufgrund seines intensiven Rindfleischgeschmacks verehrt man diese Steaks in Frankreich, den USA und Südamerika als Delikatessen.
- Hanging tender (Butcher’s cut): in Frankreich Onglet genannt, bei uns Leistenfleisch oder Nierenzapfen. Es ist der Lendenteil des Zwerchfells. Die Mittelsehne ist zu entfernen. Es wiegt ca. 500-700 Gramm je nach Rind.
- Skirt Steak: Entraña (Argentinien) oder bei uns Kronfleisch (Saumfleisch) genannt, ist der Seitenmuskel des Zwerchfells.
Beide Steaks müssen unbedingt medium-rare zubereitet werden, sonst werden sie schnell zäh.
Das Leistenfleisch bekommt ihr im Moment in der Migros für um die 15 Franken das Kilo. Der Coop verkauft es gelagert in Naturabeef-Qualität auf Bestellung für schlappe 13 Franken!
Wer den Einkauf bei einem guten Handwerks-Metzger vorzieht, dem habe ich hier eine Liste mit Adressen zusammengestellt.
Im BBQ-Nirvana USA oder Argentinien gibt es noch einige dieser Steaks. Sie sind vielleicht nicht so zart, aber dafür sehr aromatisch.
… Und zart ist nicht alles im Leben!
Siehe Rezepte:
- Onglet mit Pfirsich-Salsa
- Onglet vom Kalb mit Kräuter-Bulgur
- Onglet im Teig
- Geschmortes Onglet – Pulled Beef mit Ras el Hanout
Stichwort: Nose to Tail, Onglet, Leistenfleisch, Skirt Steak, Second Cuts, vom Schörrli bis zum Schwänzli, Innereien, Migros, Coop, Grossverteiler, Special Cuts