Alles muss raus: Forellen-Tatar
Ich bin immer wieder überrascht, wenn mir jemand davon erzählt, dass er Kinder nicht mit der Wahrheit über den Fleischkonsum konfrontieren möchte. Es sei zu grausam für Kinder zu wissen, dass man Tiere tötet. Dann erinnere ich mich an meine eigene Kindheit. Es war für mich nie ein Geheimnis.
Ich habe diese Erfahrung mit meinem Vater geteilt, der Fliegenfischer ist und den ich oft begleitete. Ein kräftiger, kontrollierter Schlag, und die Forelle war tot. Gebannt habe ich meinen Vater beobachtet, wie er anschliessend flink den Fischen den Bauch geöffnet hat. Er hat sich manchmal den Spass gemacht, mir das kleine Herz auf die Hand zu legen. Es ist faszinierend, weil es noch eine Weile weiterschlägt. Für viele Leute mag das jetzt abschreckend klingen. Aber für mich war es eine schöne Erfahrung. Auch heute habe ich einen engen Bezug zu meiner Nahrung.
Es ist natürlich und ehrlich.
Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ich mit der gängigen Pouletbrust- oder Fischfilet-Kultur wenig anfangen kann: „Uuuh, da hat’s noch einen Kopf dran.“ Ja, weil er da hingehört. Kein Tier lebt ohne Kopf.
Und beim Fisch ist es doppelt doof, weil man so die Katze im Sack kauft: einen frischen Fisch erkennt man leichter am Kopf.
Selber filettieren
Heute fängt mein Vater nicht mehr oft Fische (darüber habe ich schon ein paar mal geschrieben). Ab und zu gönne ich mir deshalb eine ganze Bio-Forelle vom Fischhändler. Leider wollen sie mir die Innereien nie mitliefern. Also mache ich das Maximum aus dem Rest.
Kopf, Flossen und Gräten hebe ich für einen schnellen Fond auf.
Nose-to-Tail-Tatar von der rohen Forelle
Wenn man eine grössere Forelle kauft, bleibt nach dem Filettieren immer noch ein beachtlicher Rest an den Gräten haften. Eine schöne Forelle sollte man aber bis zum letzten Bissen geniessen. Bei einem guten Händler sind die Fische aus der Region und herrlich frisch. Man nimmt also einen Löffel und kratzt jegliches Fleisch von den Gräten (habe ich bei Durì gelernt), würzt es mit etwas Fleur de Sel. Wer mag, fügt noch etwas Peterli hinzu und serviert es mit einem Schnitz Zitrone oder Limette. Es schmeckt grossartig und ich frage mich immer wieder, weshalb Süsswasserfische den Meerfischen unterlegen sein sollen. Wahrscheinlich sind es dieselben Leute, die die Brust einem Pouletschenkeli vorziehen ;-)
Natürlich könnte man auch Ceviche aus dem Forellenfleisch machen. Aber der zarte Geschmack der Forelle wird leicht von der Limette dominiert.