Ein Gespräch mit Migros zum Thema Fleisch

Hand aufs Herz, wer kauft heute noch sein Fleisch in einer Metzgerei? Den Löwenanteil am Fleischumsatz 2013 im Detailhandel bestritten mit 31.5 bzw. 41.3 Prozent die beiden Grosshändler Coop und Migros. Metzgereien machen nur noch 5 Prozent aus (Quelle: Tagesanzeiger). Wenn wir also über Schweizer Fleisch reden, dann führt kein Weg an den beiden Grossverteiler vorbei. 

Ich schrieb Migros mit der Bitte, mit einem Fleischverantwortlichen zu sprechen, und traf mich einige Zeit später mit Mattias Riedi von der Genossenschaft Migros Zürich. Mattias ist gelernter Metzger und heute als Leiter Marketing Fleisch tätig.

 

Mattias, wie muss ich mir die Arbeit der einzelnen Genossenschaften vorstellen?

Natürlich gelten nationale Standards. Doch jede Genossenschaft hat ihre eigenen Schwerpunkte. Die Migros muss den regionalen Bedürfnissen gerecht werden. So konsumiert der Ostschweizer Migros-Kunde mehr Wurstwaren, während in der Westschweiz mehr Pferdefleisch nachgefragt wird. Der Kunde im Raum Zürich hat eine höhere Kaufkraft und bezieht unter anderem deshalb mehr Produkte aus dem Hochpreissortiment wie zum Beispiel Kalbfleisch. Bei der Migros wird der Absatz zu 80 Prozent aus inländischer Produktion gedeckt. Die übrigen 20 Prozent machen vor allem importierte Edelstücke von Rind, Lamm oder Schwein (Spezialitäten) aus.

Und wie steht es um die Schlachthöfe der Migros? Kannst du mir etwas darüber erzählen?

Die Migros besitzt keine Schlachthöfe. Die Migros gibt die Schlachtung in Auftrag – etwa von Micarna, einem ihrer Unternehmen in Bazenheid. Die Micarna ist die grösste Fleischverarbeiterin der Schweiz. Auch führt Micarna zwei Schlachthöfe in Courtepin im Kanton Fribourg, einen Schweine- und ein Geflügelschlachthof.

Also werden diese Tiere quer durchs ganze Land gefahren?

Vereinzelt gibt es auch kleine Schlachthöfe, sogenannte „Manufakturen“ wie für das Alnatura-Sortiment. Dort werden zum Teil speziell tierfreundliche Methoden angewendet, wie zum Beispiel beruhigende Musik.

Wir richten uns nach den Wünschen der Konsumenten und ihrer Zahlungsbereitschaft für Fleisch. Die Verarbeitung in kleineren Schlachthöfen widerspiegelt sich deutlich im Preis. Allerdings ist bei einem Fleischkonsum von 51 Kilo pro Kopf längst nicht mehr nur der Preis ausschlaggebend für zentrale Schlachtereien. Die Menge ist schlichtweg logistisch nicht anders zu bewältigen.

Wie lange werden die Tiere im Schnitt transportiert?

Die gesetzlich zulässige Dauer der Fahrzeit beträgt maximal 6 Stunden.

Wie begegnet Migros dem Thema Nose to tail? Könnte ich zum Beispiel Kalbshirn in der Migros-Filiale bestellen?

Nein. Die Prozesse sind standardisiert. Gewisse Schlachtnebenprodukte, die nicht zur Lebensmittelverwertung benutzt werden, werden direkt in die Industrie weitergeleitet, sei es zur Energiegewinnung, für die Pharma-Industrie oder in die Tiernahrungsherstellung. Wenn mehr für Lebensmittelindustrie verwertet wird, was machen wir in den übrigen Industrien, wie etwa in der Kosmetik oder beim Tierfutter? Dort würden Lücken entstehen.

Aber die Initiative von Proviande (siehe hier) zeigt doch, dass ein Problem in Sachen Foodwaste besteht?

Kalbshirn habe ich zum Beispiel selber schon einmal gegessen. Es entspricht aber nicht einem Kundenbedürfnis.

Wurst mit Hirn schmeckt aber sehr lecker (ich zeige das Foto meiner Hirniwurst).

Mattias lacht.

Was müsste geschehen, damit die Migros solche Produkte ins Sortiment aufnimmt?

Die Nachfrage seitens der Kunden müsste bestehen.

Was bedauerst du als Privatperson am heutigen Konsumverhalten?

Der Endkonsument kauft heute weniger vom Vorderviertel des Rindes.

Das Vorderviertel ist…?

Siedfleisch, Braten oder Voressen. Niemand hat mehr die Zeit, sonntags einen schönen Braten zu kochen. Wir machen es in der Familie auch nicht jede Woche, aber doch noch ab und zu.

Was isst du persönlich am liebsten?

Ich habe kein Lieblingsessen. Ich kann mich für Innereien wie Kutteln mit Tomatensauce oder Zunge mit Kapern genauso begeistern, wie für ein schön mit Fett durchzogenes Stück Hohrücken. Letzteres ziehe ich gar einem Entrecôte vor. Meistens gehe ich in die Migros und lasse mich vom Angebot in der Frischetheke inspirieren.

Hast du ein Sommerrezept, das du gerne teilen möchtest?

Ich schicke dir gerne ein Rezept.

 

Mattias Spare Ribs mit Bündner Honigmarinade

Zutaten für 2 Personen:

1 kg Spareribs von der Migros

für die Marinade:
1.5 dl Calanda oder ein anderes dunkles Bier
1 Prise Zimt
ganz wenig Senf
etwas Tabasco
etwas Sojasauce
Pfeffer und Salz
150g Bünder-Honig

Zubereitung:

1. Für die Marinade alle Zutaten mischen und die Spare Ribs mit Marinade 3h vorher bestreichen.

2. 1h vorher aus dem Kühlschrank nehmen, bei 200 Grad ca. 20 Min im Ofen backen.

3. Anschliessend bei 250 Grad ca. 5 Minuten im Backofen grillieren (für die perfekte Kruste)

 

 

Keywords: Migros Nose to Tail Migros Genossenschaftsbund Coop Innereien

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