Die Gefürchtete: die Blutwurst

Ich habe bei der Hofschlachtung rohes Blut für die Wurst gekostet. Stille. Ein Schockmoment für meine Freunde und Familienmitglieder. Blut, und dann erst noch roh, ist für viele Leute die grösste Horrorvorstellung überhaupt. Woher kommt dieser enorme Respekt vor Blut als Lebensmittel?

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Blutwurst ungekocht

Ein Schwein besteht zu 4 bis 6 Prozent aus Blut. Die Verwertung von Blut in der Wurst ist eine der ältesten überhaupt und kann sogar bis zu den Griechen zurückgeführt werden. Schon in der Antike mochte man die Wurst aus Schweineblut, Speck und Schwarte. Blut dickt nach dem Erkalten ein. Diese Eigenschaft kann man für Saucen (siehe Rehpfeffer) nutzen oder eben für Wurst.

Ich sprach mit Leuten aus ganz Europa. Mit Doug aus Schottland, wo man black pudding zum Frühstück isst. Mit Claus aus Franken, der schnittfeste Blutwurst mit weichgekochter Schwarte herstellt. Letzten Sommer mit Leuten in Barcelona, die ihre Blutwürste trocknen oder räuchern (siehe Morcilla). Und ich erzähle ihnen, wie wir in der Schweiz die Masse mit Rahm (Boudin à la crème) mischen und warm zusammen mit Äpfeln essen. In Dresden auf dem Markt sehe ich gar runde Blutwürste in Schweinemägen abgefüllt. Die regionalen Unterschiede überraschen mich und auch meine Gesprächspartner. Der kulinarische Reichtum ist immens. Schaut euch bloss mal die Auflistung an verschiedenen Würsten im Wikipedia-Beitrag an. Bei der Variation Nummer 50 habe ich aufgehört zu zählen. Und das alleine für Deutschland!

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Runde Blutwürste in Dresden

Weshalb also ist die Blutwurst heute für viele Leute ein rotes Tuch? Das Tabuthema Blut kommt wohl von der direkten Berührung mit dem Tod eines Tieres, den wir sonst so gerne ausblenden. Ich habe aber auch nach religiösen Aspekten gesucht: Mit dem Schächten soll das möglichst rückstandslose Ausbluten des Tieres gewährleistet werden. Kein Tropfen Blut soll sich mehr im Tier befinden. Der Verzehr von Blut ist bei den Juden wie auch bei den Moslems strengstens untersagt. Dieses Verbot findet man aber auch in der Bibel. Blut? Selbst meine ansonsten furchtlose Metzgerin winkte ab. Die religiöse Erziehung, fügte sie an. Die Mythologie der Antike spricht allerdings eine andere Sprache. So weist sie Blut die besondere Bedeutung der Farbe Rot als Symbol von Fruchtbarkeit und Leben zu (Quelle: hier).

Ich persönlich kann Schweineblut nichts Unappetitliches nachreden. Das rohe Blut erinnert farblich an Himbeersaft, und auch der Geschmack ist alles andere als abstossend. Gekocht als Wurst ist es für mich eine Delikatesse – unglaublich vielfältig und spannend in Kombination mit Früchten bis hin zu Fisch. Ausserdem enthält Blut viel Eisen und ist sehr gesund. Auch wenn ich die Bezeichnung nicht sonderlich mag, verwende ich sie hier trotzdem: Blutwurst ist für mich Superfood.

Also warum nicht? Ich mache mir mal einige Gedanken. Ihr lest von mir!

Rezepte

  • Boudin à la crème: die Klassische Schweizer Blutwurst à la zumfressngern.ch
  • Morcilla: die spanische Blutwurst mit Reis und Zimt à la zumfressngern.ch
  • Süsse Cupcakes mit Schweineblut

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