Hochzeitstaube vom Grill

Kirche, Kleid und Kutsche? Nein, merci. Ich habe eine ausgeprägte Hochzeitsphobie. Was deren Ursprung ist, weiss ich nicht. Ich bin noch auf keine allgemeingültige Erklärung gestossen. Meine Phobie kann deshalb von den wenigsten Frauen nachempfunden werden und führt öfters zu unangenehmen Situationen und Streitereien, weil ich mich vor den Terminen drücke, wie andere vorm Zahnarzt. Im Gegensatz zu mir ist der Mitbewohner eine ausgeglichene Person und er meidet meist Konfrontationen mit seinen Mitmenschen. Doch auch er hat seine wunden Punkte. Hier gibt es eine Schnittmenge mit meiner Hochzeitsphobie: die Tauben! Der Mitbewohner, der grösste Tierliebhaber überhaupt, hasst innig und leidenschaftlich Tauben.

„Drecksviecher“, schimpft er. „Zu nichts zu gebrauchen.“

Bei der letzten Hochzeit konnte ich ihn nur mit Mühe davon abbringen, nach ein paar Hochzeitstauben zu treten…

Dass die Tauben zu nichts zu gebrauchen sind, stimmt so nicht. Ich mag ihr Fleisch. Natürlich darf man dabei nicht an die schmutzigen Tiere denken, die man in der Innenstadt antrifft. Ich konnte eine schöne, weisse Taube aus der französischen Bresse ergattern. Geflügel aus dieser Region geniesst aufgrund der artgerechten Haltung einen exzellenten Ruf. Es hat zudem einen Sonderstatus in Europa, denn man kann die Tiere inklusive Beine, Köpfe und Innereien an den Endkonsumenten verkaufen. Deswegen halten Bresse-Geflügel übrigens auch problemlos bis zu 3 Wochen unvakuumiert im Kühlschrank!

Taubenfleisch ist leicht rötlich und sehr delikat. Ich habe es bisher nur in Marokko gegessen; mit Zucker und Zimt gewürzt. Die Inspirationsquelle für diesen Eintrag war jedoch Fergus Henderson’s Menükarte: Wood Pigeon, Beetroot & pickled walnuts. Taube, Randen und schwarze Nüsse. Für mein Rezept habe ich zarte Randenblätter für einen Salat eingekauft, welche ich um die selbstgemachten schwarzen Baumnüsse bereichert habe. Wie Henderson weiss, harmonieren die leicht süssen Nüsse perfekt mit der Taube. Ich habe das Tier selber ausgenommen. Ich möchte ein ehrlicher Fleischesser sein und will es mir immer wieder vor Augen führen: mein Essen stammt von einem Lebewesen und ist nicht in der Plastikverpackung geboren.

Das Ausnehmen muss ich noch etwas üben. Nicht ganz so einfach, die Organe unverletzt aus dem Bauch zu fischen. Blind und orientierunglos habe ich zuerst mal alles abgetastet. Aber für den ersten Versuch habe ich es am Ende ganz gut hingekriegt. Anders als anderes Geflügel besitzen Tauben keine Gallenblase, dessen Saft beim Austritt das Fleisch ruinieren könnte. Das macht es für Anfänger leichter.

Übrigens: In der Antike galten die Tauben als rein, weil man damals schon von der fehlenden Galle wusste. In der Säftelehre sah man die Galle des Menschen als den Sitz des Bösen.

Der Mitbewohner wollte das Tier unbedingt auf dem Grill machen. Grill ist sein Metier. Ich wollte es mit Kräuter füllen, deshalb habe ich das Tier nicht aufgeschnitten (Butterfly-Stil). Vielleicht ein Fehler.

Das Rezept hat den Mitbewohner übrigens nur mässig überzeugt. Wachteln schmecken ihm besser. Er mag einfach keine Tauben; weder auf Hochzeiten, noch auf dem Teller.

DSC_0832

Grillierte Taube auf Salatbeet mit schwarzen Baumnüssen

Zeitaufwand circa 30 Minuten exklusive 15 Minuten Vorbereitung.

Rezept von: Tauben unter Anleitung meiner Lieblingsmetzgerinnen Fiechters und inspiriert von Fergus Henderson

Zutaten für 2 Personen:

für die Taube:
1 Taube aus der Bresse à ca. 450g*
Erdnussöl
Salz und Pfeffer

für den Salat:
Olivenöl
Rotweinessig
Blütenhonig
Diverse Salatblätter von Randen, Blutampfer, Portulak etc.
2-3 schwarze Baumnüsse**
Salz und Pfeffer

* Bei Fiechters auf dem Zürcher Wochenmarkt erhältlich.
** ersatzweise könnte man Feigen verwenden.

Zubereitung:

1. Hals, Kopf und Füsse abtrennen. Tauben ausnehmen. Oder das vom Metzger machen lassen. 2015-07-032. Mit Öl einfetten. Von allen Seiten mit Salz würzen. Den Bauch mit einer baumnussgrossen Portion Butter und den Kräutern füllen.

3. Grill möglichst nicht zu stark erhitzen – bei mir ca. 150 Grad auf dem Gasgrill. Auf jeder Seite 5 Minuten grillieren. Mit Fingerdruck testen, ob sie schon durch ist. Einige Minuten ruhen lassen. Es wäre wohl sinnvoller gewesen, wir hätten den Vogel im Butterfly-Stil grilliert (mit einer Geflügelschere das Rückgrat entfernen).

DSC_08644. Für den Salat Zutaten für die Sauce mischen. Schwarze Nüsse fein aufschneiden. Mit den Salatblättern anrichten.

5. Taube mit der Geflügelschere in der Mitte der Brust halbieren und zum Salat anrichten. Pfeffern und servieren.

Dazu passt: ein kräftiger italienischer oder spanischer Rotwein.

Mein Tipp: aus den Innereien, Flügeln, Hals etc. lässt sich eine Bouillon kochen. Die Leber, verfeinert mit etwas Congac und Salbei schmeckt fantastisch auf Crostini. Für den Abfall sind diese Teile viel zu gut.

DSC_0865

Comments are closed.