Südostasiatische Rindsaorta mit Chili-Dip

Ich befürchte langsam, dass der Inhalt meines Tiefkühlers demjenigen von Hannibal Lecter arg die Stirn bietet. Ich bin zur Sammlerin skurrilster Teile vom Tier geworden. Eigentlich predige ich ja immer: die Bewegung soll nicht zur Freakshow verkommen, aber gegen mich ist das Dschungelcamp ein Spaziergang. Ich weiss, dass meine Ambitionen für Aussenstehende befremdend wirken müssen, doch ich wünschte ihr könntet diese Gerichte jeweils probieren. Die Vielfalt an Aromen, Textur im Mund und deren Einsatzmöglichkeiten in der Küche haben mich verzaubert.

Kürzlich war ich in einem Restaurant essen, da gab es nur Filet – kein anderes Stück vom Rind. 50 shades of Rindsfilet. Ich habe auch artig eine Portion davon bestellt. Was ist an Rindsfilet falsch? Nichts. Aber es ist so schrecklich einengend, nur ein einziges winziges Stückchen vom Tier essen zu dürfen. Es ist wie eine Zensur.

Also widme ich jener Köchin diesen Artikel und möchte ihr ein Teil vorstellen, dass sie garantiert noch nie gegessen oder gar gesehen hat: eine Aorta vom Rind. Die Aorta hat mir freundlicherweise Marina Boller vom Hof Habsburg gesponsert bzw. von ihrem Rind namens Shakira. Der Metzger Ernst Lüthi aus dem Aargau hat die Aorta fachmännisch entfernt und meine Mama wiederum brauchte sie nach Zürich. Seither lagerte sie im Gefrierfach. Solche Stückchen kriegt man wirklich nur von einem erfahrenen und aufgeschlossenen Metzger.

Daher tut man sich gut, sparsam und bedacht mit solchen Raritäten zu kochen.

Aorta vom Rind

Die Idee zur Aorta entstand durch ein Gericht namens Bruckfleisch, einem österreichischen Eintopf mit schlachtfrischen Innereien. Die Aorta wird in jenem Zusammenhang auch der Wiener Oktopus genannt (Idee von der ORF-Serie: Ochs im Glas). Auch in asiatischen Binnenländern wie Laos werden häufig Aorta oder Magen (Kutteln) als Ersatz für Meeresfrüchte verwendet. Desweiteren kennt man auch in Japan Rezepte mit Aorta. Ich vermute, dass Letztere aufgrund der Entbehrungen nach dem zweiten Weltkrieg eine Affinität für Innereien entwickelt haben. Vielleicht erinnert ihr euch an den Beitrag über kurzgebratene Zunge, die ich über alle Massen schätze und für das weltbeste Zungenrezept halte.

Nun aber zurück zur Aorta: ich bleibe mit meinem Rezept in Südostasien. Dafür koche ich die Herzröhre weich und serviere sie mit eine für die Region typische süss-säuerliche Chili-Dip (Fischsauce, Essig, Limette, Zucker u. Chilis) und etwas Chinakohl. Man könnte natürlich auch noch frische Thai-Minze und Basilikum dazugeben.

Es ist wirklich sehr spannend. Die Rindsaorta erinnert tatsächlich an Kalamari ♥ . Wie Tintenfisch hat es nicht viel Eigengeschmack, doch besticht mit seiner tollen Textur. Die würzig-säuerliche Chili-Sauce passt sehr gut. Richtig cool!


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