Ossibuchi con finocchio e risotto ticinese

Wenn meine Oma die Wahl gehabt hätte, hätte sie wohl auch öfters zu Fertigmischungen gegriffen, anstelle alles von A bis Z selber zu kochen, um täglich aufs Neue sieben hungrige Mäuler zu stopfen. Ich bin sehr dankbar, diesem Schicksal entkommen zu sein. Es muss ja nicht jeden Tag die ganz grosse Kochnummer sein. Aber manche aufwendigen Gerichte sind es einfach wert, dass man mal einen halben Tag in der Küche steht. Solch einen Luxus muss sich Mann oder Frau schlichtweg ab und zu Mal gönnen. Was gibt es Schöneres als danach traditionell im Kreise von Familie oder Freunden bei einem Glas Wein zu geniessen?

Und genau so ein königliches Essen ist Ossobuco. Was für die Franzosen das Boeuf Bourguignon, ist bei den Italiener der Ossobuco alla milanese, was auf deutsch soviel heisst wie Knochen mit Loch. Das Kalbfleisch wird gute 2 bis 3 Stunden lang geschmort. Dazu wird es quer zum Knochen in Scheiben geschnitten, mit Mehl bepudert, anschliessend in Butter (sehr wichtig!) angebraten und langsam in Weisswein geschmort. Das Fleisch ist am Knochen saftiger, weil der Knochen es mit zusätzlichen Aromen versorgt. Beim Servieren reicht man eine Gremolata. Das ist eine Mischung aus frischem Peterli, Knoblauch und Zitronenschale. Es gibt dem Ossobuchi den extra Kick, der dieses Gericht so einzigartig macht.

Ich benutze wieder einmal meinen Dampfkochtopf aus dem Jahre 1977. Der reduziert die ganze Übung auf 30 Minuten. Zudem hat der Dampfkochtopf den Vorteil, dass er die Aromen viel besser konzentriert. Ich brauche keine Fertig-Bouillon beizugeben. Das Fleisch am Knochen, der Weisswein und die Gewürze tun ihr Werk von alleine.

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Der heimliche Star im Essen ist allerdings ein Gemüse: Fenchel, der ab Mai wieder geernet werden kann. Das nach Anis schmeckende Kraut ist im Supermarkt meist schon fast vollständig abgetrennt. Ich hatte Glück: Auf dem Markt bei Rinderknecht aus dem Zürcher Unterland gibt es ihn inklusive Grün! Dieses verwende ich für die Gremolata. Zusammen mit ein paar schwarzen Oliven verwandelt es den Ossobuco zu einer mediterranen Köstlichkeit.

Blog60Die ehrenfolge Aufgabe der Risottozubereitung wurde dem Mitbewohner zuteil. Unter meinem kritischem Blick und scharfen Anweisungen hat er Knochenmark (typisch im Risotto alla milanese) aufgelöst. Den Fonds habe ich dieses Mal beim Metzger erstanden. Da das die Grundlage für einen guten Risotto ist, darf man hier niemals geizen. Anstelle von Parmesan nehme ich wie immer einen guten Sbrinz. Der passt auch besser zum Schweizer Risottoreis aus der Magadino-Ebene. Auf Safran verzichen wir.

Was soll ich noch mehr schreiben? Ich habe Grossmutters Silber poliert, der Mitbewohner die Stoffservietten gebügelt und der Besuch einen üppigen Strauss Blumen auf den Tisch gestellt. Manchmal muss man sich so richtig verwöhnen! Jawohl!


Ossibuchi mit Risotto ticinese, Fenchel und Fenchel Gremolata

Zeitaufwand: ca. 1 Stunde und 15 Minuten plus 30 Minuten Vorbereitung

Zutaten für 4 Personen:

4 Ossibuchi à 200-300g (Kalbshaxen)*
Mehl
1 grosse Zwiebel, gehackt
2 Knoblauchzehe, gepresst
2 Rüebli, sehr feine Würfel
1/4 kleiner Knollensellerie (ab Juli: Stangensellerie) sehr feine Wüfel
2 EL Butter
3dl trockener Weisswein (z.B. einen Pinot Grigio)
1/2 Dose Pelati
Bouquet garni (Peterlistengel, Lorbeer, Thymian und Rosmarin)
Salz und Pfeffer

für den Fenchel:
1 Fenchel inklusive ganzem Grün (siehe Foto), Grün beiseite legen
Olivenöl
Salz und Pfeffer

für die Gremolata (inspiriert von hier):
1/4 Fenchelgrün, fein geschnitten
1 Zitronenabrieb
5-6 schwarze Bio-Oliven, fein gehackt

für den Risotto ticinese:
200g Loto-Reis von Terreni alla Maggia**
20g Knochenmark
1 EL plus 20g Butter
1dl   Weisswein
5dl Geflügelfond***
3 EL frisch geriebener Sbrinz
Salz und Pfeffer

* Auf Mutterkuhhaltung achten. Bei Schmorgerichten immer etwas mehr machen, weil Reste am nächsten Tag doppelt so fein sind.
** Risottoreis aus dem Tessin. Bei Berg und Tal im Zürcher Viadukt erhältlich.
*** Beim Metzger kaufen oder selbermachen!

Zubereitung:

1. Wer nicht will, dass die Ossobuchi beim Schmoren vom Knochen fallen, sollte sie mit Küchengarn zusammenbinden (mir ist das Wurst). Das Fleisch dünn mit Mehl bestäuben. Ossibuchi in Butter portionenweise rundum ca. 5 Minuten braten, damit es von allen Seiten eine schöne Bräunung bekommt. Erst wenden, wenn sich das Fleisch von alleine löst.

2. Fleisch aus dem Topf heben und kräftig würzen. Zwiebel, Knob­lauch und Sellerie braten. Wein, Pelati und Kräuter dazugeben. Fleisch zurück in den Dampfkochtopf geben (es sollte leicht bedeckt sein). Dampfkochtopf verschliessen und warten, bis der zweite Ring vollständig sichtbar wird. Danach die Temperatur reduzieren und bei konstant zweitem Ring (je nach Dicke des Fleischs) 25 bis 30 Minuten garen. Von der Herdplatte nehmen. Sobald sich der Topf abgekühlt hat, öffnen und auf tiefer Stufe warmhalten.

3. Für die Gremolata nur das feine Grün des Fenchels verwenden. Alle Zutaten mischen und bis zum Servieren kühlstellen.

4. Fenchel fein schneiden. In Olivenöl bissfest garen. Mit Salz würzen. Man kann dies vorbereiten und vor dem Servieren nochmals einige Minuten erwärmen.

5. 30 Minuten vor dem Anrichten Reis im Butter glasig dünsten. Herausgelöstes Mark hinzugeben und warten, bis es schmilzt. Mit Wein ablöschen, Flüssigkeit ein­kochen lassen. Etwas Fond dazugiessen, einkochen lassen. Restlicher Fond unter Rühren nach und nach zufügen. Etwa 20 Minuten köcheln lassen, bis der Reis sämig, aber bissfest ist. Sbrinz und nochmals etwas Butter hinzugeben und würzen.

6. Ossibuchi mit reichlich Sauce, Gemüse und Risotto anrichten. Die Gremolata separat reichen.

Dazu passt: knuspriges Brot. Das Knochenmark auf Brot zusammen mit etwas Meersalz essen!

Mein Tipp: Ossibuchi-Reste am nächsten Tag nochmals aufwärmen. Das Fleisch mit zwei Gabeln zerzupfen und zusammen mit Pasta und reichlich frisch geriebenem Sbrinz geniessen.

ossobuco

 

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